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 Felix Thiemann

Geschrieben am 30.12.2016 von:
Felix Thiemann

Kündigung schwerbehinderter Menschen ab 1.1.2017 nicht mehr ohne Anhörung der Schwerbehindertenvertretung möglich


Im Zuge des Bundesteilhabegesetzes wurde das SGB IX geändert. Dabei wurde die Kündigung schwerbehinderter Menschen erschwert: Die Kündigung eines schwerbehinderten Menschen, die der Arbeitgeber ohne vorherige Anhörung der Schwerbehindertenvertretung nach § 178 Abs. 2 Satz 1 SGB IX ausspricht, ist gemäß § 178 Abs. 2 Satz 3 SGB IX in Zukunft unwirksam.

Im Zuge der Gesetzesänderung wurde damit erstmals eine § 102 BetrVG entsprechende Sanktion für den Fall geschaffen, dass die bisher in § 95 SGB IX und in der ab dem 1.1.2017 geltenden Fassung in § 178 Abs. 2 SGB IX vorgesehene unverzügliche und umfassende Unterrichtung und Anhörung vor einer “Entscheidung” des Arbeitgebers unterbleibt.
Die Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung soll nach dem Willen des Gesetzgebers wegen ihrer Bedeutung unabhängig von der Anhörung des Betriebsrats erfolgen.
Nach dem Wortlaut des § 178 Abs. 2 Satz 1 SGB IX muss der Arbeitgeber “vor einer Entscheidung” die Schwerbehindertenvertretung anhören. Damit muss die Schwerbehindertenvertretung möglicherweise schon vor einem Antrag des Arbeitgebers beim Integrationsamt auf Zustimmung zur Kündigung nach § 168 SGB IX (in der bis zum 31.12.2016 geltenden Fassung: § 85 SGB IX ) erfolgen.

Leider stellt der Gesetzgeber im neuen Gesetz nicht klar, wie viel Zeit die Schwerbehindertenvertretung zur Stellungnahme und Erörterung hat. Eine klare Regelung (entsprechend § 102 Abs. 2 BetrVG) fehlt, weil die Norm des § 178 SGB IX nur die Pflicht vorsieht, die Entscheidung auszusetzen, bis das Anhörungsverfahren beendet ist und eine unterlassene Beteiligung zur Aussetzung der Maßnahme um sieben Tage führen soll.
Selbst wenn man hieraus eine Stellungnahmefrist von einer Woche ableitet, bleibt die Frage, was bei einer außerordentlichen Kündigung gilt. Für den Betriebsrat gilt die Drei-Tage-Frist des § 102 Abs. 2 Satz 3 BetrVG; welche Frist für die Schwerbehindertenvertretung gilt, steht leider nicht im Gesetz.

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Geschrieben von Felix Thiemann am 30.12.2016 Zurück zur Übersicht