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 Felix Thiemann

Geschrieben am 15.01.2017 von:
Felix Thiemann

Ausgewählte Änderungen im Arbeits- und Sozialrecht 2017

Zum Jahresbeginn 2017 sind im Zuständigkeitsbereich des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales zahlreiche Neuregelungen bzw. Änderungen wirksam geworden. Über einen ausgewählten Teil der Neuregelungen geben wir hier einen Überblick:

1. Arbeitsmarktpolitik, Arbeitslosenversicherung und Grundsicherung für Arbeitsuchende

a) Neue Regelbedarfe in der Grundsicherung für Arbeitsuchende
Ab dem 1. Januar 2017 gelten neue Regelbedarfe in der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) in Höhe der vergleichbaren Regelbedarfsstufen (RBS) nach dem SGB XII:
- für alleinstehende und alleinerziehende Leistungsberechtigte: 409 Euro (RBS 1)
- für zwei Partner der Bedarfsgemeinschaft, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, jeweils: 368 Euro (RBS 2)
- für sonstige erwerbsfähige Angehörige einer Bedarfsgemeinschaft, sofern sie das 18. Lebensjahr vollendet haben bzw. für erwachsene Leistungsberechtige unter 25 Jahren, die ohne Zusicherung des Jobcenters umziehen: 327 Euro (RBS 3)
- für Jugendliche im 15. Lebensjahr bis unter 18 Jahre: 311 Euro (RBS 4)
- für Kinder vom Beginn des 7. bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres: 291 Euro (RBS 5)
- für Kinder bis zur Vollendung des 6. Lebensjahres: 237 Euro (RBS 6)

b) Wegfall des Arbeitgeberbeitrags zur Arbeitslosenversicherung bei Beschäftigten nach der Regelaltersgrenze
Zum 1. Januar 2017 entfällt zur Steigerung der Attraktivität der Beschäftigung älterer Arbeitnehmer der bisher anfallende Arbeitgeberbeitrag zur Arbeitslosenversicherung für Beschäftigte, die die Regelaltersgrenze erreicht haben und somit versicherungsfrei sind. Die Regelung gilt befristet bis 31. Dezember 2021.

c) Insolvenzgeld

Der Umlagesatz für das Insolvenzgeld nach der Insolvenzgeldumlagesatzverordnung wird im Jahr 2017 von bisher 0,12 Prozent auf 0,09 Prozent gesenkt. Der Umlagesatz von 0,09 Prozent gilt für das Kalenderjahr 2017.

2. Arbeitsrecht
Ab dem 1. Januar 2017 beträgt der allgemeine gesetzliche Mindestlohn brutto 8,84 Euro je Zeitstunde.

3. Sozialversicherung, Rentenversicherung und Sozialgesetzbuch
a) Beitragssatz in der gesetzlichen Rentenversicherung
Der Beitragssatz in der gesetzlichen Rentenversicherung ab dem 1. Januar 2017 beträgt weiterhin 18,7 Prozent in der allgemeinen Rentenversicherung.

b) Anhebung der Altersgrenzen: Rente mit 67
Im Zuge der schrittweisen Anhebung des Renteneintrittsalters in der gesetzlichen Rentenversicherung ("Rente mit 67") steigen die Altersgrenzen um einen weiteren Monat. Versicherte, die 1952 geboren sind und die 2017 das 65. Lebensjahr vollenden, erreichen die Regelaltersgrenze mit 65 Jahren und sechs Monaten.
Für die folgenden Geburtsjahrgänge erhöht sich die Regelaltersgrenze zunächst um je einen weiteren Monat; später wird in Stufen von zwei Monaten pro Jahrgang angehoben. Erst für die Jahrgänge 1964 und jünger wird die Regelaltersgrenze bei 67 Jahren liegen.

Ab 1. Januar 2017 sind auch Bezieher einer vorzeitigen Vollrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung versicherungspflichtig, wenn sie neben dem Bezug einer solchen Vollrente weiterhin arbeiten. Bezieher einer Vollrente ab Erreichen der Regelaltersgrenze sind ab Januar 2017 zwar weiterhin versicherungsfrei, wenn sie parallel zum Rentenbezug weiter arbeiten; sie können aber auf die Versicherungsfreiheit verzichten. Für diesen Fall müssen sie auch Rentenversicherungsbeiträge zahlen, erwerben hierdurch aber zusätzliche Rentenanwartschaften.

c) Sozialversicherungsrechengrößen
Rechengrößen der Sozialversicherung 2017 (WEST) Monat/ Jahr
Beitragsbemessungsgrenze: allgemeine Rentenversicherung 6.350€ /76.200€
Beitragsbemessungsgrenze: Arbeitslosenversicherung 6.350€ 76.200€
Versicherungspflichtgrenze: Kranken- u. Pflegeversicherung 4.800€ 57.600€
Beitragsbemessungsgrenze: Kranken- u. Pflegeversicherung 4.350€ 52.200€
vorläufiges Durchschnittsentgelt/Jahr in der Rentenversicherung 37.103€

d) Mindestbeitrag in der gesetzlichen Rentenversicherung
Der Mindestbeitrag zur freiwilligen Versicherung in der gesetzlichen Rentenversicherung ab dem 1. Januar 2017 beträgt weiterhin 84,15 Euro monatlich.

4. Sozialhilfe, Asylbewerberleistungen und Belange behinderter Menschen

a) Neue Regelbedarfe in der Sozialhilfe nach dem SGB XII ab dem 1. Januar 2017:

- Regelbedarfsstufe 1 (alleinstehende und alleinerziehende Leistungsberechtigte): 409 €
- Regelbedarfsstufe 2 (jeweils für zwei in einer Wohnung zusammenlebende Partner): 368 €
- Regelbedarfsstufe 3 (erwachsene Leistungsberechtigte, die in einer stationären Einrichtung leben): 327 €
- Regelbedarfsstufe 4 (Jugendliche von 14 bis unter 18 Jahre): 311 €
- Regelbedarfsstufe 5 ( Kinder von 6 bis unter 14 Jahre): 291 €
- Regelbedarfsstufe 6 (Kinder von 0 bis unter 6 Jahre): 237 €

b) Neue Regelungen im SGB II und SGB XII für ausländische Personen
Unionsbürger sind im Zweiten und Zwölften Buch des Sozialgesetzbuchs von Leistungen der Grundsicherung und der Sozialhilfe ausgeschlossen, wenn sie nicht arbeiten oder aufgrund vorheriger Arbeit Ansprüche auf Grundsicherung für Arbeitsuchende haben, Familienangehörige von solchen Erwerbstätigen sind oder ein Daueraufenthaltsrecht besitzen. Zur Sicherung des Existenzminimums der von den Leistungen ausgeschlossenen Personen wird zukünftig ein Anspruch auf einmalige Überbrückungsleistungen der Sozialhilfe eingeführt. Dieser ist in der Regel auf einen Monat befristet.
Nach fünf Jahren, wenn sich der Aufenthalt verfestigt hat, haben Unionsbürgerinnen und -bürger, auch wenn sie hier nicht arbeiten, einen Anspruch auf Leistungen der Grundsicherung nach dem SGB II und Sozialhilfe.

c) Neue Regelungen im Asylbewerberleistungsgesetz im Rahmen des Integrationsgesetzes
Am 1. Januar 2017 tritt der im Rahmen des Integrationsgesetzes neu geregelte § 5b Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) in Kraft. Diese Regelung führt für bestimmte Leistungsberechtigte nach dem AsylbLG eine - sanktionsbewehrte - Verpflichtungsmöglichkeit zur Teilnahme an Integrationskursen ein. Diese Integrationskurse werden vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) durchgeführt und sind im Aufenthaltsgesetz und in der Integrationskursverordnung näher geregelt.

d) Bundesteilhabegesetz (BTHG)
Der Schwellenwert für die Freistellung der Vertrauensperson wird von derzeit 200 schwerbehinderte Menschen im Betrieb auf 100 abgesenkt.
Bei der Fortbildung entfällt die heutige Einschränkung, dass ein Stellvertreter nur bei ständiger Heranziehung, häufiger Vertretung der Vertrauensperson auf längere Zeit oder absehbarem Nachrücken in das Amt einen Anspruch hat.
Der Arbeitgeber übernimmt künftig auch die Kosten einer Bürokraft für die Schwerbehindertenvertretung in erforderlichem Umfang.
Die Kündigung eines schwerbehinderten Menschen, die der Arbeitgeber ohne eine Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung ausspricht, ist künftig unwirksam.
Es wird ein Übergangsmandat bei Betriebsübergang für Schwerbehindertenvertretungen in der gewerblichen Wirtschaft geschaffen, wie es für den Betriebsrat in § 21a Betriebsverfassungsgesetz geregelt ist.


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Geschrieben von Felix Thiemann am 15.01.2017 Zurück zur Übersicht