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 Felix Thiemann

Geschrieben am 22.10.2016 von:
Felix Thiemann

Vorsicht bei Dauerüberwachung von Arbeitnehmern mit Videokameras

Häufig werden wir mit der Frage konfrontiert, unter welchen Voraussetzung eine Videoüberwachung von Arbeitnehmern und ggf. auch von Dritten zulässig ist. Arbeitgeber wollen einen effektiven Eigentumsschutz „Sicherheit“ vor Diebstahl und Arbeitsbummelei. Arbeitnehmer wollen keiner Dauerüberwachung ausgesetzt sein, die ein schwerwiegender Eingriff in das Persönlichkeitsrecht sein kann.

In der Regel ist der Dauereinsatz von Videokameras am Arbeitsplatz unzulässig. Das LAG Hessen hat sogar vor einigen Jahren entschieden, dass einer Mitarbeiterin bei einer unzulässigen Dauerüberwachung mittels Videokamera wegen der Verletzung ihrer Persönlichkeitsrechte gemäß §§ 823 Abs 1 BGB, Art 1 Abs 1 GG, Art 2 Abs 1 GG ein Anspruch auf Entschädigung in Höhe von 7.000 EURO zusteht (Hessisches Landesarbeitsgericht vom 25. Oktober 2010 (Az: 7 Sa 1586/09)). Hier handelt es sich um eine Einzelfallentscheidung aber es wird deutlich, dass eine unzulässige Dauerüberwachung kein "Kavaliersdelikt" ist.

Zudem besteht bei unzulässigem Kameraeinsatz ein Leistungsverweigerungsrecht der Arbeitnehmer. Als Arbeitnehmer müssen Sie dann nicht arbeiten, erhalten aber dennoch Ihren Lohn. Bevor Sie als Arbeitnehmer ein Leistungsverweigerungsrecht einwenden, sollten Sie den Arbeitgeber aber erfolglos aufgefordert und abgemahnt haben, die unzulässig angebrachte(n) Überwachungskamera(s) zu entfernen. Erst wenn eine von Ihnen gesetzte angemessene Frist verstrichen ist, dürfen Sie Ihr Leistungsverweigerungsrecht ausüben. Angemessen dürfte eine Frist von 10 Arbeitstagen sein.

Eine Dauerüberwachung von Mitarbeitern ist allerdings nicht generell unzulässig. Es muss immer eine Abwägung zwischen den Interessen des Arbeitgebers am Schutz seines Eigentums und denen der Mitarbeiter auf Schutz ihrer Persönlichkeit stattfinden.
Eine Dauerüberwachung kann im Einzelfall (z.B. in einem Juweliergeschäft) der einzige mögliche Weg sein, bestimmte Bereiche zu überwachen. Da dies aber einen sehr intensiven Eingriff darstellt, muss das Verfahren möglichst schonend ausgestaltet sein. Wenn es geht und nicht dem Zweck zuwiderläuft, sind bestimmte Bereiche zu verpixeln. Zugleich muss der Zweck hochrangig sein und klar definiert werden (Abschreckung, Diebstahlschutz, Rechtsverfolgung, Nachweis der Unschuld bei Fehlbeständen). Zudem muss in einer Verfahrensbeschreibung geregelt werden, dass eine Auswertung nur zu dem genannten Zweck erfolgt, möglichst nicht ohne Beteiligung der Mitarbeiter bzw. Mitarbeitervertretung.

Wir beraten Sie als Arbeitnehmer und Arbeitgeber in allen arbeitsrechtlichen Belangen gerne persönlich, telefonisch oder per Mail. Sie können uns Ihr Anliegen samt den relevanten Unterlagen gerne unverbindlich als PDF zumailen (thiemann@berweck.de), zufaxen oder per Post zusenden. Wir schauen diese für ein unverbindliches Angebot durch und setzen uns dann mit Ihnen in Verbindung. Ein Mandat kommt erst mit schriftlicher Mandatserteilung zustande.

Geschrieben von Felix Thiemann am 22.10.2016 Zurück zur Übersicht